Rechtliche Grundlagen und Bestimmungen
Fragen und Antworten (FAQ)
Was ist der Unterschied zwischen den Begriffen Behinderung und sonderpädagogischer Unterstützungsbedarf?
Der Begriff "Behinderung" wird aus verschiedenen Perspektiven unterschiedlich definiert. Eine Behinderung ist nicht mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf gleichzusetzen und umgekehrt. Im schulischen Kontext wird vom "Sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf" gesprochen:
"(1) Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund einer Behinderung oder wegen einer Lern- und Entwicklungsstörung besondere Unterstützung benötigt, entscheidet die Schulaufsichtsbehörde über den Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung und die Förderschwerpunkte.
(2) Zuständig für das Verfahren ist die Schulaufsichtsbehörde, in deren Gebiet die Schülerin oder der Schüler die allgemeine Schule besucht oder besuchen müsste." (AO-SF § 10)
Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung wird in § 3 Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung (AO-SF) definiert:
"Einen Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung können begründen
An den Berufskollegs als Förderschule kann in begründeten Fällen nach §19 AO-SF auch sonderpädagogischer Förderbedarf in den Förderschwerpunkten Lernen sowie Emotional-Soziale Entwicklung förmlich festgestellt werden.
- Lern- und Entwicklungsstörungen (Lernbehinderung, Sprachbehinderung, Erziehungsschwierigkeit)
- Geistige Behinderung
- Körperbehinderung
- Hörschädigungen (Gehörlosigkeit, Schwerhörigkeit)
- Sehschädigungen (Blindheit, Sehbehinderung)
- Autismus-Spektrum-Störungen".
Der sonderpädagogische Unterstützungsbedarf Sprache wird in der Sekundarstufe II nicht mehr förmlich festgestellt.
"Behinderung" zieht nicht unbedingt einen Sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf nach sich, ebenso lässt sich aus einem sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf nicht unbedingt eine Behinderung schließen.
Schauen Sie auch in unserer Rubrik "Anregungen zur weiteren Lektüre".
Gelten für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf die gleichen Zugangsvoraussetzungen wie für Schülerinnen und Schüler ohne sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf?
Jeder Bildungsgang hat eigene Eingangsvoraussetzungen. Diese muss jede Schülerin und jeder Schüler erfüllen. Ausnahme: Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung können den Bildungsgang Ausbildungsvorbereitung bis zu drei Jahre lang besuchen (vgl. § 19 Abs. 4 AOSF ).
Was bedeutet Nachteilsausgleich im schulischen Kontext?
Damit Schülerinnen und Schüler keine Nachteile im Unterricht und bei Leistungsüberprüfungen aller Art haben, kann ein Nachteilsausgleich gewährt werden. Dazu §15 APO-BK:
"Ergänzende Bestimmungen für behinderte Schülerinnen und Schüler
Soweit es die Behinderung oder der sonderpädagogische Förderbedarf einer Schülerin oder eines Schülers erfordert, kann die Schulleiterin oder der Schulleiter Vorbereitungszeiten und Prüfungszeiten angemessen verlängern und sonstige Ausnahmen vom Prüfungsverfahren zulassen; in Prüfungen mit landeseinheitlich gestellten Aufgaben entscheidet an Stelle der Schulleiterin oder des Schulleiters die obere Schulaufsichtsbehörde. Entsprechendes gilt bei einer besonders schweren Beeinträchtigung des Lesens und Rechtschreibens. Die fachlichen Leistungsanforderungen bei Abschlüssen und Berechtigungen bleiben unberührt."
Für jedes Fach können dabei unterschiedliche Formen des Nachteilsausgleichs gewährt werden. Weitere Informationen finden Sie in der Arbeitshilfe zum Nachteilsausgleich (PDF 392 KB). Auch für Berufsabschlussprüfungen, die durch die Kammern durchgeführt werden, kann auf Antrag ein Nachteilsausgleich gewährt werden. Der Antrag muss bei der prüfenden Kammer gestellt werden. Finanziert wird der berufliche Nachteilsausgleich bei Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung nach SGB IX über die Integrationsämter oder die Agentur für Arbeit (im Rahmen von Rehabilitations-Maßnahmen). Nachteilsausgleiche werden immer individuell gewährt.
Können Schülerinnen und Schüler im Unterricht weitere Unterstützung erhalten?
Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter können auf Antrag Schülerinnen und Schüler bei der Teilnahme am Unterricht und im Schulleben unterstützen sowie als systemische Unterstützung an Schulen eingesetzt werden. Der Antrag erfolgt durch die Schülerinnen und Schüler (ggf. die Erziehungsberechtigten) bei den zuständigen Behörden (örtlicher Träger der Sozial- oder Jugendhilfe bzw. bei den Landschaftsverbänden LWL bzw. LVR).
Kann die sonderpädagogische Unterstützung auch im Berufskolleg erstmals beantragt werden?
Für die Beendigung der sonderpädagogischen Förderung oder den Wechsel des Förderschwerpunkts in der Sekundarstufe II gilt § 18. Werden bei den in Absatz 5 genannten Förderschwerpunkten Anhaltspunkte für einen Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung erstmals zu Beginn oder während der Zeit des Schulbesuchs in der Sekundarstufe II festgestellt, ist gemäß den §§ 11 bis 16 zu verfahren.
- Hier gilt §19 Abs. 6 AO-SF. Die sonderpädagogische Unterstützung wird auch in diesem Fall von der Schülerin oder dem Schüler oder den Erziehungsberechtigten über die Schule bei der zuständigen Schulaufsichtsbehörde beantragt.
- Die sonderpädagogische Unterstützung bei Schülerinnen und Schülern mit Autismus-Spektrum-Störung an Berufskollegs ist unter Beachtung der Regelungen in § 42 Abs. 4 AO-SF im Einzelfall möglich.
Wie erfährt ein Berufskolleg, dass Schülerinnen und Schüler einen sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf haben bzw. welche Hilfsmittel und räumlichen Voraussetzungen hilfreich sind?
- Es ist förderlich, dass die Schülerin oder der Schüler bzw. die Erziehungsberechtigten, der Ausbildungsbetrieb oder der Maßnahmenträger bei der Anmeldung am jeweiligen Berufskolleg auf die besondere Situation hinweisen und ggf. im Vorfeld ein persönliches Gespräch führen. Bestenfalls werden im Rahmen der Anschlussvereinbarungen KAoA Kontakte rechtzeitig hergestellt und notwendige sowie hilfreiche Informationen ausgetauscht.
- Die abgebende Schule leitet Unterlagen zur Förderung (z. B. Gutachten, Förderdokumentation) an das Berufskolleg weiter (§ 6 VO-DV I). Die rechtzeitige Weitergabe von Unterlagen erleichtert die konkreten Planungen.
- Für eine angemessene Planung und Organisation der Förderung informieren die Schülerinnen und Schüler idealerweise ihr Berufskolleg darüber, welche Hilfsmittel sie benötigen und/oder welche räumlichen Voraussetzungen hilfreich wären. Es ist wünschenswert, diese Informationen spätestens vor Schuljahresbeginn, besser im Laufe des letzten Halbjahres vor dem Besuch des "neuen Berufskollegs" im persönlichen Gespräch mitzuteilen.
Wie erfahren die Lehrkräfte an den Berufskollegs etwas über die verschiedenen sonderpädagogischen Förderschwerpunkte?
- Die Veröffentlichung Sonderpädagogische Förderschwerpunkte in NRW – ein Blick aus der Wissenschaft in die Praxis" des MSW (Juli 2016) informiert über sonderpädagogische Förderschwerpunkte.
- Informationen und Kooperation bieten auch die Förderschulen vor Ort sowie die Berufskollegs als Förderschule für die Förderschwerpunkte Hören und Kommunikation, Körperliche und motorische Entwicklung/Autismus-Spektrum-Störung und Sehen.
- Zahlreiche Verbände und Institutionen haben sich auf die Beratung bei Fragen zu spezifischen Förderschwerpunkten konzentriert. Sie sind nicht nur für schulische Belange Ansprechpartner, sondern informieren Betroffene und Verwandte in allen Fragen des Lebens.
Einzelne rechtliche Grundlagen
- UN-Behindertenrechtskonvention (PDF 234 KB)
- § 19 SchulG NRW: Sonderpädagogische Förderung
- § 20 SchulG NRW: Orte der sonderpädagogischen Förderung
- § 66 BBiG: Ausbildungsregelungen der zuständigen Stellen
- AO-SF Ausbildungsordnung sonderpädagogischer Förderung
- Informationen zur Gewährung von Nachteilsausgleichen für Schülerinnen und Schüler am Berufskolleg (PDF 392 KB)