Hochschultage Berufliche Bildung 2019
Fachtagung 04 Berufliche Bildung unter Inklusionsaspekten
Reduzierte Ausbildungsgänge in einer digitalen Transformationsgesellschaft – ein Widerspruch?
Prof. Dr. Ulrike Buchmann (Universität Siegen)
Prof. Dr. Ursula Bylinski (Fachhochschule Münster)
Die politischen und rechtlichen Bedingungen und die gesellschaftlichen Diskussionen verändern sich im Kontext der Digitalisierungsdebatte, gleichwohl ist die gesellschaftliche Teilnahme für rund ein Drittel der nachwachsenden Alterskohorten weiterhin ungesichert. Die Bedeutung von Ausbildung wird im bildungspolitischen Diskurs zur Inklusion insofern zu Recht als "Schlüsselthema" diskutiert.
Obwohl eine wissenschaftlich-kategoriale Klärung des Inklusionsbegriffs nach wie vor aussteht und sein berufsbildungswissenschaftlicher Bedeutungsgehalt durchaus unterschiedlich wahrgenommen wird, gilt als unstrittig, dass zur Ermöglichung gesellschaftlicher Teilnahme in der digitalen Welt spätestens jetzt das mit der beruflichen Bildung traditionell verbundene enge Ziel Integration erweitert und auf das Niveau der Zielkategorie Inklusion angehoben werden müsste. Das Inklusionsziel geht über die Integration von Individuen in bestehende Systemstrukturen hinaus und fordert vielmehr Veränderungen bzw. Alternativen, die die Entwicklungsvoraussetzungen und -bedürfnisse (auch von bisher ausgeschlossenen) Gruppen angemessen berücksichtigen und gleichzeitig den veränderten gesellschaftlichen Anforderungen im Rahmen fortschreitender Digitalisierung Rechnung tragen. Somit sind die Strukturen und innovativen Entwicklungen im Berufsbildungssystem direkt an der regulativen Idee Inklusion zu orientieren. In allen Handlungsfeldern und auf allen Systemebenen braucht es dafür Veränderungen, auch einen fachlichen Diskurs über Qualifikationsanforderungen und adäquate curriculare Konzepte. Wesentliche Teile sind die Curricula, deren professioneller Konstruktion deshalb große Bedeutung für die Zielerreichung bei zu messen ist.
Aktuelle Studien bspw. des IAB (2018) betätigen, dass die Substituierungsmöglichkeiten durch digitale Technik mit steigendem Anforderungsniveau sinken und Unterschiede zwischen den Anforderungsniveaus noch deutlicher geworden sind; davon am stärksten betroffen sind die sogenannten Helferberufen.
Die damit einhergehende grundlegende berufsbildungswissenschaftliche Frage nach der angemessenen Curriculumkonstruktion bzw. professionellen Bildungsganggestaltung wird im Rahmen der Fachtagung exemplarisch unter Bezugnahme auf die regelmäßig diskutierten so genannten Sonderausbildungsberufe (§ 66 BBiG) und den zweijährigen Ausbildungsgänge von Vertreter*innen der Berufsbildungswissenschaft, der Berufsforschung, der Berufsbildungspolitik und Berufsbildungspraxis erörtert.